Die Corona-Pandemie trifft taubblinde, blinde und sehbehinderte Menschen besonders hart; im Alltag sind sie noch eingeschränkter als ohnehin schon – und das seit einem Jahr.
Taubblinde Menschen, also Personen, deren Hör- und Sehvermögen sehr stark eingeschränkt sind oder nicht mehr vorhanden ist, leben von der Gesellschaft sehr isoliert. Im Alltag benötigen sie Assistenz, wie z.B. Gebärden- oder Lorm-Dolmetscher, die das gesprochene Wort mit ihren Fingern taktil an die taubblinde Person weitergibt und umgekehrt die taktil geäußerten Worte an das Gegenüber überträgt. Dazu benötigen manche allein lebende Betroffene Hilfe im Haushalt, bei der Mobilität oder einfach einen Gesprächspartner. Doch durch Corona ist das alles nicht mehr so einfach. Lormen und Abstandsregeln schließen sich aus. Kontaktbeschränkungen lassen keine Besuche zu. Informationsvermittlung ist schwierig.
Bei blinden und hochgradig sehbehinderten Menschen sind die durch Corona bedingten Einschränkungen anders, aber ebenso dramatisch. Die Abstandsregel äußert sich in mehrerlei Hinsicht als schwierig einzuhalten: Zum einen kann ein blinder bzw. hochgradig sehbehinderter Mensch selbst nicht erkennen, wie weit eine andere Person entfernt steht. Gleichzeitig bemerkt man erst, dass eine Person den Mindesabstand nicht einhält, wenn diese den Blinden oder Sehbehinderten berührt/anrämpelt – sprich, beim physischem Konakt. Ein drittes Problem stallt die Assistenz dar, wenn man beispielsweise in einer artzpraxis ist und am Arm ins Wartezimmer geführt werden soll.
Auch finden sich vor vielen Geschäften, Praxen, Behörden etc. individuelle Infozettel – und -Schilder, die man vor dem Betreten durchlesen muss. Eine seheingeschränkte Person nimmt diese nicht wahr.
Die Maske kann für sehbehinderte Menschen zum zusätzlichen Problem werden. Besonders jene die an einer Netzhautdegeneration leiden, bei denen das Gesichtsfeld also ohnehin stark eingeschränkt ist, führt das Tragen des Mund-Nasen-Schutzes dazu, dass ihr Sehen noch mehr eingeschränkt ist; überwiegend der untere Teil des Gesichtsfeldes fällt weg. So können Treppenstufen, Bordsteinkanten, Pfosten – also alles was vor den Füßen liegt – nicht gesehen werden.
Mit diesen drastischen Einschränkungen müssen taubblinde sowie blinde und sehbehinderte Menschen nun seit einem Jahr leben, weshalb viele ihren Impftermin sehnlichst herbei wünschen. Nach aktuellem Stand dürfen sie jedoch mit keiner Priorisierung rechnen. Der Tagesspiegel hat hierzu einen lesenswerten Bericht veröffentlicht (04.03.21): „So gut wie unsichtbar: Wie blinde Menschen in der Pandemie vergessen werden“.
Hier geht es zum Artikel: https://www.tagesspiegel.de/berlin/so-gut-wie-unsichtbar-wie-blinde-menschen-in-der-pandemie-vergessen-werden/26858720.html