Blinde helfen Blinden in Not
1994 hat das DKBW das Hilfsprogramm „Ukraine“ in seine Auslandsarbeit aufgenommen. Auch der Katholische Blindenverein für die Erzdiözese Berlin e.V. hat sich an der Unterstützung der ukrainischen Blindenvereinigung von Charkiw-Ordshonikidze und der Franziskanerinnen, die die blinden und hochgradig sehbehinderten Kinder im Kindergarten und der staatlichen Blindenschule von Charkow betreuen, beteiligt.
Durch die Ereignisse in der Ukraine, speziell in Charkiw hat sich unsere Projektarbeit mit dem dortigen Blindenzentrum schlagartig gewandelt. Nicht nur die Stadt Charkiw war neben Kiew eines der ersten Angriffsziele im Feburar/März 2022. Die Blindeneinrichtung selbst wurde bei Bombenangreiffen zerstört. Die Evakuierung der blinden und sehbehinderten Schüler*innen hatte zunächst oberste Priorität.
Wir stehen in engem persönlichen Kontakt zu einer blinden Lehrkraft aus Charkiw, die dem DKBW seit Ende Februar regelmäßig von der aktuellen Lage der Schüler*innen, dem Einrichtungspersonal und den dringend benötigten Hilfen berichtet.
Durch Ihre Spende mit dem Kennwort: Nothilfe Ukraine können Sie helfen
Aus einer zunächst privaten Initiative innerhalb des DKBW hatte sich schnell ein Nothilfeprojekt entwickelt. Bereits in den ersten 3 Wochen kamen so Spenden in Höhe von 40 000 Euro zusammen. Zunächst war geplant, diese Spenden für den späteren Wiederaufbau des Blindenzentrums zu verwenden, sowie dringend benötigte Lebensmittel, Hygieneartikel und andere Versorgungsgüter für die in Charkiw verbliebenen Schüler*innen und Lehrkräfte zur Verfügung zu stellen. Als die Situation sich zuspitzte, machten sich Schüler, Lehrer und deren Familien auf den Weg nach Polen, wo die meisten von ihnen in dortigen Blindenschulen betreut werden. Diese zusätzliche Versorgung muss unterstützt werden.
Viele Organisationen, Vereine und Initiativen haben sich seitdem zusammen getan und suchen Mittel und Wege, um die blinden, sehbehinderten und sonstigen behinderten Menschen aus der Ukraine zu unterstützen; sei es in der Ukraine selbst, in den Nachbarländern in denen sie Zuflucht gesucht haben oder in Deutschland.
Im Juni und Juli 2022 konnten durch Ihre Spenden Deutsch-Sprachkurse für blinde und sehbehinderte geflüchtete Ukranier*innen an der blista Marburg druchgeführt werden Da dies ein großer Erfolg war und dringend notwendig ist, wird das DKBW auch weitere Deutschkurse in Zusammenarbeit mit der blista finanzieren.
Bereits Mitte März haben Lehrkräfte der Charkower Blindenschule eine Facebook-Gruppe gegründet:
https://www.facebook.com/groups/nvkkorolenka/
Dort werden seit Wochen immer wieder interessante YouTube-Videos und anderer Content geteilt, wie es den Schülerinnen und Schülern in Polen geht. Sie haben die Möglichkeit, von ukrainischen und polnischen Lehrkräften unterrichtet zu werden. Zugleich aber erleben sie auch Sport, Spaß und Spiel.
Im März und April konnten wir die Blista Marburg bereits mit insgesamt 9.000,00 € aus den oben genannten Spendeneinnahmen unterstützen. So konnten wir uns unter anderem an der Anschaffung von Lebensmitteln, Medikamenten und Hygieneprodukten und an den Transportkosten beteiligen.
Die Ereignisse in Charkiw
Am Mittwochabend, 2. März, berichteten auch deutsche Medien von einem Bombenangriff auf ein Blindenwohnheim in Charkiw. Unsere Kontaktperson vor Ort, eine selbst blinde Lehrerin, bestätigte dies und hat zwei Videos geschickt.
Mitarbeiter aus Heimleitung und Hauswirtschaft drücken darin ihre Fassungslosigkeit und ihr Entsetzen aus: „Nichts ist den Angreifern heilig, vor nichts machen sie halt“, so die langjährige Köchin wörtlich.
Video vom 2. März 2022
Ein nicht genannter Mitarbeiter der Schule oder des Heims:
„Hier eine kurze Spontan-Reportage. Gegenüber der Schule gibt es also dieses Heim. Dieses Heim hat einen Bomben-Treffer abbekommen. Die Druckwelle hat vieles beschädigt, durcheinandergeworfen, Dann ist zu sehen, wie die Druckwelle alles, was aus Holz ist (Eingangstür, Fenster) zerstört oder jedenfalls stark beschädigt hat. Das alles ist definitiv kein Fake, ich zeige Ihnen, wie es wirklich ist. Blinde Kinder. Behinderte Menschen, die nie in ihrem Leben die Sonne gesehen haben, die hier fast ihr ganzes Leben verbracht haben, die sich nun fragen, wie das hier weitergehen soll. Ihnen ist jetzt nichts geblieben. Rein gar nichts. Kalt wird’s in den nächsten Tagen. Ihr Angreifer, euch ist doch gar nichts Heilig, Behinderte bombardiert ihr, als ob die euch etwas getan hätten …“
Video vom 3. März 2022
Die langjährige Köchin des Hauses beschreibt in dem Video:
„Hier der Blick auf Zimmer im 3. Stock, hier lebten vollständig blinde Kinder, die sich ganz auf ihr Gehör verlassen, auf ihre verbliebenen Sinne. Sehen Sie hier: Zimmer von Pädagogen, die 30 oder 40 Jahre ihres Lebens mit vollem Einsatz verbracht haben, all ihre Kompetenz eingesetzt haben, die die ihnen hier anvertrauten Kinder mindestens so liebten wie ihre eigenen. Sehen Sie sich hier diese Lehrmittelräume an, die Exponate, alles zerstört oder durcheinander. Es ist alles so schrecklich. Nichts ist diesen Angreifern heilig, vor nichts machen sie halt. Es erinnert“, so die Köchin zum Schluss, „an Hitlers Untaten.“
Video vom 8. März 2022
Die Lehrerin Tetiana sendete eine Nachricht mit ihrer aktuellen Lage und einem Video, das die Schülerinnen und Schüler des Blindenzentrums Charkiw zeigt, welche evakuiert wurden und nun in Sicherheit sind:
„Einigen Menschen geht es noch schlechter, als es mir geht.
Sie sind ohne Wohnungen, ohne nichts geblieben.
Sie haben Angst gegen bomben und Schüße.
Ich habe keine.
Mich untrdrückt, dass ich keine Entscheidung machen kann.
Ich sage jetzt immer: „Heute bleibe ich. Was morgen betrifft, weiß ich nicht.“
Wunder ist nicht geschehen. Heute bleibe ich Daheim.
Anzahl von Phädagogen und alle Schüler, die in der Schule blieben, sind schon in Polen in in Dombrowa Gurna.
Ich schicke dir Link auf youtube. Sie sind schon in der sicherheit, sie singen und lachen schon.
Das bedeutet, das es den Kindern gut geht.“