Vernehme ich das Wort Osterspaziergang, habe ich gleich den Monolog aus Goethes Faust im Ohr. Zumindest die ersten Verse. „Vom Eise befreit sind Strom und Bäche, durch des Frühlings holden, belebenden Blick“.
Egal, ob Sie diese Zeilen rezitieren oder hören, die Aussage bleibt die gleiche. Die Freude über das Erwachen der Natur im Frühling und vielleicht die Entscheidung, sich bei dem schönen Wetter auf zu machen in die Natur mit Familie, Freunden oder auch mal allein. Die Wärme der Sonne, das Sprießen der Wiesen mit ihren Blumen und das Aufspringen der Knospen an den Bäumen zu fühlen, hören, sehen und riechen. So ein Osterspaziergang in der erwachenden Natur belebt die Sinne, macht hungrig auf mehr, und bei Kindern, welche auf dem Spaziergang uns begleiten, können wir den großen Hunger oft auf den Tellern merken. Da schmeckt das nächste Essen gleich nochmal so gut!
Nicht nur in der Natur erleben wir das Staunen und den Wunsch nach Neuem Alten, was wir aus den Vorjahren schon kennen. Jedes Jahr machen sich Menschen an Ostern auf den Weg zu den Ostermärschen. Sie möchten das Pflänzchen des Friedens wachsen sehen in der Welt. Leider gibt es hier nicht den Automatismus wie in der Natur und es muss aufmerksam gemacht und angemahnt werden friedliche Lösungen für die vielen Konflikte und sogar Kriege zu finden. Wir dürfen dankbar sein für die Mahner und an dieser Stelle auch mal der Dank an die vielen Beter für den Frieden in der Welt! Mancher wird sagen, was kann ich da tun? Hier halte ich mich selbst immer daran zu denken, wie begegne ich Konflikten in meiner kleinen Umgebung. Haue ich mit der Faust auf den Tisch oder versuche ich, die andere Seite zu verstehen, um so eine Lösung zu finden, die für alle akzeptabel ist? Immer gelingt es mir nicht, wie die Menschen in meiner näheren Umgebung feststellen müssen, aber ich arbeite daran.
Und dann fällt mir bei dem Wort Osterspaziergang immer die Geschichte aus der Bibel ein, wo sich die zwei Jünger nach Emmaus auf den Weg begeben. Über die Motive, warum sie sich auf den Weg gemacht haben, kann ich nur spekulieren, da ich nicht an ihrer Seite war. Ist es Enttäuschung, weil der Rettungsplan für den Frieden nicht geklappt hat? Ist es Traurigkeit, da ein geliebter, bewunderter Hoffnungsträger nicht nur starb, sondern sogar hingerichtet wurde? Oder ist es ein einfaches Weglaufen, da der Sinn des Lebens abhanden gekommen ist? Es wird in der Geschichte davon erzählt, wie die beiden Jünger traurig von ihrer gemeinsamen Zeit mit Jesus und den Ereignissen von Jerusalem sowie der Hinrichtung Jesu erzählen, aber den Menschen mit seinen Fragen und Einwänden gar nicht richtig wahr nehmen. Erst bei der Handlung des Fremden beim abendlichen Mahl gehen ihnen die Augen auf. Dieses erlebte Ereignis beflügelt die beiden Jünger so sehr und gibt Kraft um im selben Moment den Rückweg nach Jerusalem anzutreten, wo sie am selben Abend den anderen Jüngern von ihrer Begegnung mit dem Auferstandenen erzählen.
Wie oft darf ich an diesem Mahl teilnehmen, das wir im Gedächtnis an Jesus feiern. Das Brotbrechen ist für mich kein sichtbares Zeichen mehr, aber oft genug kann ich das Brechen des Brotes hören. Und ich darf von diesem Brot essen! Für mich eine Kraftquelle in meinem Leben und oft genug ertappe ich mich dabei, wie das Kind zu sein, dem es nach dem Gehen in der Natur, hier nach dem Hören des Wortes aus der Bibel, nach mehr hungert!